auf den Internetseiten der Stiftung zur Förderung des Gottesdienstes - Karl Bernhard Ritter Stiftung.
Ziel der Stiftung ist die Förderung einer qualitativen Gottesdienstarbeit sowie die Stärkung zeitgemäßer Gottesdienstformen. Die Gottesdienst-Stiftung möchte Pfarrerinnen und Pfarrer bei der Umsetzung dieser Ziele ermutigen und unterstützen.
Der Gottesdienstpreis der Stiftung zur Förderung des Gottesdienstes geht in diesem Jahr an die Universitätskirchengemeinde Marburg und die Hessische Stipendiatenanstalt. Er wurde von Aline Seidel, Repetentin der Stipendiatenanstalt, und Pfarrer Joachim Simon federführend vorbereitet. Gemeinsam mit Studierenden der Initiative bruks (belarussische, russische, ukrainische und kasachische Studierende), der Hessischen Stipendiatenanstalt und dem Fachbereich Evangelische Theologie.
Nach den Worten einer Jurorin hat »die Beteiligung von Studierenden aus ukrainischen, belarussischen und russischen Kontexten überzeugt. Sie traten mit eigenen Wortbeiträgen als Lebensexpert * innen auf. Sie sprachen sich jeweils gegen Krieg und für Frieden aus.« Durch deren Einbindung besaß der Gottesdienst insgesamt eine Form- und Stilvarianz, die sich in der gelungenen Dialogpredigt fortsetzte und durch eine ausgesprochen vielfältige musikalische Gestaltung ergänzt wurde. Positiv bewertete die Jury, dass der Gottesdienst Bezug nahm auf unterschiedliche friedensethische Diskursbeiträgen. So ermöglichte er den Teilnehmenden Raum für eine eigene friedensethische Positionierungen.
Schließlich beeindruckte die Jury eine Symbolhandlung, bei der neben der Ukraine andere Konfliktherde auf der ganzen Welt genannt und vor Gott gebracht wurden. Auch dadurch gelang es dem Gottesdienst, die grundsätzliche Relevanz friedensethischer Interventionen deutlich zu machen.
Die Stiftung zur Förderung des Gottesdienstes verleiht den mit € 3000 dotierten Gottesdienstpreis seit dem Jahr 2009. Bisher wurden mehr als 15 Einrichtungen und Initiativen für ihre innovative und qualitative
Gottesdienstarbeit ausgezeichnet.
Die Evangelische Kirchengemeinde in Klingelbach wurde am 24. April 2022 mit dem Gottesdienstpreis der Stiftung zur Förderung des Gottesdienstes (Karl-Bernhard-Ritter-Stiftung) ausgezeichnet. Ausgezeichnet wurde ein von Pfarrerin Mariesophie Magnusson vorbereiteter und geleiteter Karfreitagsgottesdienst. Das Preisgeld i. H. von 2.500 € teilt sich die Gemeinde mit der ebenfalls ausgezeichneten Stiftung St. Matthäus in Berlin.
Die Auszeichnung des Gottesdienstpreises erfolgte in der evangelischen Kirche in Klingelbach. An dem Ort, an dem der ausgezeichnete Karfreitagsgottesdienst vor drei Jahren gefeiert wurde. Eigentlich sollte der Preis bereits im Jahr 2020 und an anderer Stelle überreicht werden. Doch die Pandemie ließ das nicht zu. „Nun machen wir aus der Not eine Tugend“, sagte zu Beginn der Preisübergabe der Stiftungsvorsitzende, Dr. Stephan Goldschmidt. Durch den Festakt in Klingelbach werde deutlich, was die Stiftung zur Förderung des Gottesdienstes mit ihrem Preis bezweckt: Die ganze Gemeinde auszuzeichnen und nicht nur die federführenden Personen. Schließlich brauche es für außergewöhnliche Gottesdienste eine gemeindliche Ermöglichungskultur. Also Menschen, die Lust am Experimentieren haben. Wie in Klingelbach. Wo es gelang, insgesamt 8 Personen zu gewinnen, die Gebete und Lesungen übernahmen oder auf andere Weise aktiv mitwirkten.
Der ausgezeichnete Karfreitagsgottesdienst ist Teil einer durchdachten Inszenierung zwischen Karwoche und Ostersonntag. Zu Beginn steht auf dem geschmückten Altar noch das Abendmahlsgeschirr vom Gründonnerstag. Am Ende liegt eine Dornenkrone auf dem leergeräumten und schwarz abgedeckten Altar. Dazwischen eine Liturgie, die mit Orgel und Gesang beginnt, dann aber mehr und mehr reduziert wird, bis nur noch die Worte der Passionsgeschichte erklingen. Unterbrochen durch die Stille-Phasen während des Altarabdeckens. Am Ende verlässt die Gemeinde schweigend die Kirche, als folge sie Jesus auf seinem Gang ans Kreuz. Nicht einmal der Segen löst die entstandene Spannung auf. Der folgt am Ostersonntag. In ihrer Predigt verbindet Pfarrerin Mariesophie Magnusson das Schicksal Jesu mit Unrecht und Leid der Gegenwart – anschaulich gemacht mithilfe des Kunstwerkes „Die Argonauten“ von Anselm Kiefer. Gott übersieht niemanden in seiner Not. Mehr noch: Er macht sich am Kreuz selbst zu einem Übersehenen. Zu einem der vielen, die getötet wurden und werden. „Entkleidet und seiner Menschlichkeit beraubt.“
In seiner Laudatio gratulierte Dr. Goldschmidt der Klingelbacher Gemeinde und Pfarrerin Magnusson für den gelungenen Karfreitagsgottesdienst aus dem Jahr 2019. Der ländliche Ort zeige, dass gute Gottesdienste überall möglich sind. Große Kirchen und finanzstarke Gemeinden sind nicht im Vorteil. Auch in ländlichen Gemeinden wie Klingelbach gibt es kreative Gottesdienste, die auf Augenhöhe sind mit denen einer großstädtischen Kulturkirche mit ihren vielen Möglichkeiten.
Laudatio zur Gottesdienstpreisverleihung in der evangelischen Kirche in Klingelbach.